Elektro oder Wasserstoff? Komplementäre Technologien für saubere Mobilität
Grüne Antriebstechnologie
Während der Markt für Elektrofahrzeuge in den letzten Jahren kräftig zugelegt hat, stecken Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis noch in den Kinderschuhen. Zweifellos besteht zwischen den beiden Technologien eine Lücke im Reifegrad. Doch Solvay ist überzeugt, dass es falsch wäre, die eine Technologie zu entwickeln und die andere Technologie zu vernachlässigen. Deswegen konzentrieren wir uns auf beide.
Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis im Schwerlastverkehr
Kritiker und Befürworter der jeweiligen Technologie sehen hierin die einzige tragfähige Option für grüne Mobilität. In Wirklichkeit sind Batterien und Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis beide in der Lage, je nach Einsatzbereich technisch und wirtschaftlich das richtige Maß an Effizienz herbeizuführen. Wenn man die umfangreichen ökologischen Herausforderungen bedenkt, die heute in der Welt bestehen, sind alle Beiträge, die mehr Nachhaltigkeit in der Mobilität, genau wie in allen anderen Bereichen menschlicher Aktivitäten, schaffen, eine Prüfung wert.
Der Kauf eines Wasserstoffautos ist sicherlich noch immer fast unerschwinglich, vor allem im Vergleich zu den stetig sinkenden Kosten von Elektrofahrzeugen mit Lithium-Ionen-Batterien. Doch dieser Aspekt allein ist kein Grund, Wasserstoffzellen als gangbare Lösung für jede Art von Verkehr auszuschließen. „Ein privates Auto, das rund 15.000 bis 20.000 Kilometer pro Jahr fährt, rentiert sich sicherlich nicht,“ erläutert Vincent Meunier, Director of Sales & Development bei der Solvay-Plattform für grünen Wasserstoff. „Bei einem LKW mit Wasserstoffantrieb und einer Fahrleistung von 1,6 Millionen Kilometern in weniger als zehn Jahren sieht die Rechnung schon ganz anders aus.“
Mit anderen Worten: Für den Schwerlastverkehr wie LKW, Züge und sogar Flugzeuge kann Wasserstoff eine vielversprechende Lösung bedeuten. Wenn wir unseren Fokus auf diese Anwendungsbereiche anstatt PKW verlagern, könnte dieser Pradigmenwechsel die Entwicklung dieser Technologie beschleunigen. „Auch hier können wir effektiv etwas bewirken,“ führt Vincent Meunier weiter aus. „LKW und Züge mit Dieselantrieb verbrennen enorme Mengen Kraftstoff. Wenn hier stattdessen Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis zum Einsatz kommen, lassen sich Treibhausgasemissionen ganz erheblich reduzieren.“
Die Polymer-Membran-Technologie von Solvay
Innovationen für übergreifende Energieeffizienz
Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich Elektro- und Wasserstoffmobilität im Prinzip nur durch ihren Reifegrad. Doch das Blatt wendet sich schnell – genau wie vor ein paar Jahren bei Batterien, was den heutigen Boom von Elektrofahrzeugen mit Batterien ermöglicht hat. „An Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis wird schon lange geforscht, aber jetzt gibt es ein erneutes Interesse an dieser Technologie,“ sagt Larry Hough, Senior R&I Manager der Solvay-Plattform für Batterien und Wissenschaftler bei Solvay. „Hier besteht Verbesserungsbedarf, und Solvay ist gut aufgestellt, um Lösungen für wesentliche Herausforderungen zu bieten.“
„Der Impulsgeber, der den Reifegrad von Batterietechnologien beflügelt hat, war die Nachfrage nach Elektromobilität,“ fügt Alessandro Chiovato, Head of Program Management bei der Solvay-Plattform für Batterien, hinzu. „Aspekte wie Energiedichte, Sicherheit, Ladegeschwindigkeit und Nachhaltigkeit von Materialien sind erst seit kurzem von Bedeutung. Die Innovationspipeline der Industrie nimmt sich jetzt dieser Herausforderungen an, und Solvay will eine Schlüsselrolle bei unseren Kunden spielen.“
Auch wenn die Marktnachfrage der Forschung an Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis neuen Auftrieb verleiht, bedeutet der relative Reifegrad der Elektromobilität nicht, dass in diesem Bereich keine Innovationen mehr stattfinden. Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall. „Wir arbeiten intensiv daran, in der gesamten Industrie die Voraussetzungen für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz zu schaffen. Dies geschieht z. B. durch eine höhere Energiedichte von Batterien und eine bessere Recyclingfähigkeit, den Verzicht auf Kobalt und die Reduzierung von Nickel,“ fährt Alessandro Chiovato fort. „Dazu benötigt man die richtigen Elektrodenbinder, Lösemittel und leitfähigen Salze sowie eine Reihe anderer Spezialmaterialien.“
„Im Schwerlastverkehr kann Wasserstoff wirklich etwas bewirken. LKW und Züge mit Dieselantrieb verbrennen enorme Mengen Kraftstoff. Wenn hier stattdessen Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis zum Einsatz kommen, lassen sich Treibhausgasemissionen ganz erheblich reduzieren.“
Vincent Meunier, Director Sales & Development, Solvay-Plattform für Wasserstoff
Instrumente für alle Bereiche grüner Mobilität
Solvay ist ein entschiedener Verfechter von nachhaltiger Mobilität mit einem ganzheitlichen Ansatz. Daher haben wir uns entschieden, durch eine Plattform für Batterien sowie eine Plattform für grünen Wasserstoff einen Beitrag zur Entwicklung von Lithium-Ionen- und Wasserstofftechnologien zu leisten. Diese beiden Plattformen bündeln alle einschlägigen Fachkompetenzen, Produkte und Lösungen, die wir anbieten, um die Zusammenarbeit mit diesen Industrien zu fördern. „Wir unterstützen verschiedene Arten von Kunden in zwei verschiedenen Welten, die sich eigentlich gegenseitig ergänzen,“ erläutert Vincent Meunier. „Wasserstofffahrzeuge werden mit einem Hybrid-System von Lithium-Ionen-Batterien betrieben.“
Angefangen von Ionomeren für Protonenaustauschmembrane bis hin zu einem breiten Spektrum von Spezialpolymeren, Elektrolytbindern und ‑additiven sowie künftigen Festkörpertechnologien: Solvay-Materialien spielen eine wesentliche Rolle, um die Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit von Batterien für Elektrofahrzeuge und von Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis zu verbessern. „Wir müssen an allen Fronten gleichzeitig arbeiten,“ fügt er hinzu. „Die Schaffung dieser Plattformen ist auch ein Bekenntnis, der starken Nachfrage nach lokaler Produktion Rechnung zu tragen.“
Tatsächlich wurde der Markt in der Vergangenheit von asiatischen Unternehmen beherrscht. Doch jetzt vollzieht sich weltweit ein Wandel, mit umfangreichen Investitionen in der Europäischen Union und in Nordamerika in Batterien ebenso wie in Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis. Dies ebnet den Weg für eine Umgestaltung der gesamten Industrie. „Bis 2030 werden weltweit schätzungsweise 50 Prozent aller Batterien in Asien produziert - statt wie heute annähernd 100 Prozent,“ erklärt Alessandro Chiovato. „Für Solvay bestimmt dies, wo wir neue Infrastruktur bauen, um nahe bei unseren Kunden zu bleiben.“
Well-to-Wheel: ganzheitliche Betrachtung von Nachhaltigkeit
Fahrzeuge herzustellen, die beim Betrieb kein CO2 ausstoßen, ist ein guter Schritt. Doch Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit gehen weit über dies hinaus. Das Ökoprofil von in Batterien verwendeten Materialien zu verbessern, ist ein Weg; sie leichter und effizienter zu machen (so dass weniger Strom für den Antrieb eines Fahrzeugs verbraucht wird) ein anderer.
Die größte Umweltproblem bei Wasserstoff ist der Ursprung des Rohstoffs. „Grüner Wasserstoff ist die Lösung“, fasst Larry Hough zusammen. „Bis vor kurzem wurde Wasserstoff mit Hilfe fossiler Brennstoffe produziert. Wir haben also emissionsfreie Fahrzeuge, die für den Betrieb einen Kraftstoff mit großem CO2-Fußabdruck verwenden. Der Markt nimmt diesen Konflikt nicht mehr hin: Dies ist der Wendepunkt für grünen Wasserstoff.“
Die heutige Nachfrage nach Nachhaltigkeit im Sinne von ‚Well-to-Wheel‘, also von der Gewinnung und Bereitstellung des Energieträgers bis zur Umwandlung in Bewegungsenergie, bedeutet, das CO2-Äquivalent der gesamten Wertschöpfungskette zu betrachten. Dieses Konzept ist für Solvay nichts Neues. „Für grünen Sauerstoff bietet Solvay Materialien für Elektrolyseure, insbesondere Membranmaterialien und Festoxide, sowie für Brennstoffzellen,“ erklärt Vincent Meunier. „Wir gehen in der Wertschöpfungskette noch einen Schritt weiter in die vorgelagerte Richtung mit Materialien für Redox-Flow-Batteriesysteme und Stromspeicheranlagen. Das kann für alle Industrien von Nutzen sein.“
Wenn man die Dinge noch weiter vorantreiben und die Ökobilanz von sauberen Antriebstechnologien verbessern will, heißt das auch, über den Verbleib der von ihnen angetriebenen Fahrzeuge nach dem Ende ihrer Nutzungsdauer nachzudenken. Batterien von Elektrofahrzeugen halten z. B. oft länger als das Fahrzeug selbst. Sie können also auch in ihrem zweiten Leben einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden, „in der Regel für die Speicherung von Energie“, sagt Larry Hough. „Unser Ziel ist, Batterien zu schaffen, die so lange wie möglich halten.“
Das Ende der Nutzungsdauer ist eine kritische Frage, die Solvay gezielt bei Kunden anspricht. „Wir wollen ihnen helfen, den Kreis zu schließen. Doch oft stellen wir fest, dass sie gar keine Strategie für Produkte nach dem Ende ihrer Nutzungsdauer haben,“ erläutert Vincent Meunier. „Wir meinen, dass schon in der Entwicklungsphase auf einfaches Recycling geachtet werden muss. Wir versuchen, allen diesen Aspekten Rechnung zu tragen.“